Mobiles Kaltplasmagerät: Heilung chronischer und akuter Wunden

Interview mit Dr. Julia Zimmermann, Jens Kirsch (Gründer und Management terraplasma medical GmbH) sowie Uwe Perbandt (Viromed Medical Group)

Hautkrankheiten, chronische Wunden oder auch postoperative Wunden stellen für die Betroffenen häufig eine große Einschränkung der Lebensqualität dar. Besserung oder Heilung dieser Erkrankungen sind oft zeitaufwendig und kostspielig. Einen effektiven Ansatz zur Wundbehandlung verfolgt die terraplasma medical GmbH ‐ ein Unternehmen der Viromed Medical Group ‐ mit Kaltplasma.

Bild: v.l.n.r. Uwe Perbandt, Dr. Julia Zimmermann und Jens Kirsch

Im Interview erläutern Dr. Julia Zimmermann, Jens Kirsch und Uwe Perbandt, wieso kaltes atmosphärisches Plasma schnell und effizient wirkt und wie es mithilfe des Plasma Care® Medizinproduktes direkt auf die Wunde angewendet werden kann.

Wie funktioniert eine Behandlung mit der Kaltplasma-Technologie?

Dr. Julia Zimmermann: Normalerweise ist Plasma sehr heiß und vollständig ionisiert. Was wir mit plasma care entwickelt haben, ist ein Medizinprodukt, das kaltes Plasma erzeugt. Wir kühlen die Plasmen herunter und produzieren so nur teilweise ionisierte Gase. Dieses Plasma tritt mit der Umgebungsluft in eine Wechselwirkung und so entsteht ein Plasma aus vielen Reagenzien, mit dem sich Wunden behandeln lassen.

Jens Kirsch: Die Behandlung selbst ist dann relativ einfach, man setzt das Gerät leicht auf die Wunde auf und das Kaltplasma sorgt bei Kontakt mit der Wunde für eine hohe Inaktivierung von Bakterien. Das ist insbesondere bei chronisch infizierten Wunden sehr hilfreich, um die Bakterienlast zu reduzieren. Ein aktuell auch politisch relevantes Thema, da der Gemeinsame Bundesausschuss gerade dazu übergeht, verschiedene Wundauflagen nicht mehr in der Breite zu erstatten. Kaltplasma könnte hier eine Behandlungsalternative bieten.

Bei welchen Wundarten kann Kaltplasma eingesetzt werden?

Kirsch: Aufgrund der wundheilungsaktivierenden Eigenschaft kann das Kaltplasma prinzipiell bei jeglichen akuten Wunden oder bei postoperativen Wundheilungsstörungen eingesetzt werden. Auch bei Wunden, die beispielsweise durch einen zentralen Venenkatheter oder andere Zugänge an der Eintrittsstelle auftreten können, kann Kaltplasma die Heilung fördern.

Was sind die Vorteile bei einer Wundbehandlung mit Kaltplasma?

Kirsch: Toll ist, dass bereits viele Studien durchgeführt wurden und bisher keinerlei Nebenwirkungen festgestellt werden konnten. Die Behandlung ist komplett schmerzfrei und der Prozess ist sehr einfach durchzuführen. Vorteilhaft ist auch, dass bereits nach zwei bis drei Behandlungen die Wunde beginnt zu verheilen oder sich zunehmend in die richtige Richtung entwickelt.

Zimmermann: Ein weiterer wichtiger Punkt ist dabei auch, dass keine Resistenzbildung von Bakterien erwartet werden muss. Dazu wurden viele Studien durchgeführt und das ist ein bekannter Nachteil von beispielsweise Antibiotika. Das konnte bislang jedoch bei einer Behandlung mit dem Kaltplasmagerät nicht festgestellt werden und die Daten zeigen eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit dafür.

Kann die Kaltplasma-Technologie auch in anderen Bereichen außerhalb der Wundbehandlung in der Medizintechnik eingesetzt werden?

Zimmermann: Das ist sehr wahrscheinlich, denn das Plasma kann entsprechend der unterschiedlichen Anwendungsbereiche gestaltet werden. Für die Wundbehandlung haben wir das plasma care Gerät entworfen, mit dem Ziel, effektiv gegen Bakterien zu wirken und gleichzeitig die Wundheilung auszulösen. Ein anderes Szenario wäre, das Kaltplasma zur Desinfektion und Sterilisation von medizinischen Geräten einzusetzen. Zukünftig könnte es auch in der Zahnmedizin und bei respiratorischen Infektionskrankheiten zum Einsatz kommen.

Ist die Behandlung mit Kaltplasma für alle verfügbar? Wo liegen noch Hürden bei der Kommerzialisierung?

Kirsch: In Deutschland wird die Behandlung von den Privatkassen getragen und steht auch für Selbstzahler zur Verfügung. Seit 2022 gibt es eine Leitlinie zur Kaltplasmamedizin, was dazu führt, dass auch immer mehr gesetzliche Krankenkassen sich offener zeigen. Dass sich der Gemeinsame Bundesausschuss mit einer Methodenbewertung zur Kaltplasmatherapie befasst, ist ein wichtiger Schritt hin zu einer Erstattung für alle Patientinnen und Patienten der gesetzlichen Kassen im ambulanten Bereich.

Wo sehen Sie aktuell die größten Potenziale für Entwicklungen im Rahmen der regenerativen Medizin?

Uwe Perbandt: Wir haben bereits in Studien gezeigt, dass chronische Wunden, die mit Kaltplasma behandelt wurden, sich innerhalb kürzester Zeit, in nur 4 Wochen um 80% schließen. Oder dass akute Wunden geschlossen wurden, bevor sie überhaupt chronisch werden konnten. Das ist nicht nur ein gesundheitlicher Vorteil für die Betroffenen, sondern hat auch das Potenzial, enorme Summen und auch Materialien einzusparen. Das setzt sich nun langsam in Deutschland durch. In den USA werden bereits Studien zur Krebsforschung mit Plasma durchgeführt. Das Potenzial für zukünftige Entwicklungen ist noch lange nicht ausgeschöpft.

Plasma im Bereich von respiratorischen Erkrankungen einzusetzen, ist ein anderer Aspekt, der großes Potenzial hat. Denn das Plasma eliminiert Viren, Bakterien und Pilze, kann also beispielsweise bei einer Lungenentzündung ebenfalls erfolgreich eingesetzt werden. Anstelle von Antibiotika kann Plasma in den Atemwegen appliziert werden und bekämpft die Entzündung im Körper – egal, durch welche Art von resistenten Bakterien ausgelöst, während es gleichzeitig den Körper zur Heilung animiert.

Das Interview wurde geführt von Melanie Prüser, MEDICA.de