Kaltes Plasma gegen chronische Wunden

Das Produkt plasma care® bringt Max-Planck-Forschung in die Klinik

München, 16.07.2021 – veröffentlich auf www.max-planck-innovation.de

Für Patienten mit offenen Wunden gibt es jetzt neue Hoffnung: Die plasma care®-Produkte des Medizintechnikunternehmens terraplasma medical GmbH töten Pilze und Bakterien – auch solche, die gegen Antibiotika weitgehend resistent sind – in chronischen, aber auch akuten Wunden ab, ohne das Hautgewebe zu schädigen. Nach der Marktzulassung werden die mobilen, akkubetriebenen Geräte im „Kitteltaschenformat“, die für die stationäre und ambulante Behandlung geeignet sind, nun über die Firma Viromed vermarktet und so für Millionen von Patienten zugänglich gemacht. Die Technik der Geräte basiert auf Forschungsergebnissen des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik.

Zahlreiche Menschen leiden unter chronischen Wunden. Konventionelle Behandlungsmethoden dieser Wunden, die oft über Jahre nicht verheilen, umfassen den Einsatz von Cortison und Antibiotika. Eine Cortison-Behandlung ist jedoch häufig mit schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Bluthochdruck oder Osteoporose verbunden, Antibiotika können zur Entstehung von resistenten Keimen führen. Forscher um Gregor E. Morfill, ehemaliger Direktor am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, haben jedoch einen neuen Behandlungsansatz entwickelt: Ursprünglich erforschten sie Plasmen im Weltraum und Plasma-Kristalle – letztere auch auf der internationalen Raumstation ISS – und erkannten dabei das Potential von kaltem Plasma für die Medizin. So entwickelten sie verschiedene Prototypen von Plasma-Geräten, mit denen es möglich ist, Bakterien, auch multiresistente, Pilze, und Viren abzutöten. Die Geräte erzeugen elektrische Felder, die durch Entladungen die Moleküle der umgebenden Luft anregen oder ionisieren. Normalerweise ist dieser Prozess mit hohen Temperaturen und sehr hohen oder sehr niedrigen Drücken verbunden. Hier handelt es sich jedoch um ein Plasma bei Raumtemperatur und Atmosphärendruck, ein sogenanntes kaltes atmosphärisches Plasma. Dieses Plasma ist ein hochverdünntes Gemisch aus angeregten sowie geladenen Atomen und Molekülen („Ionen“), aber auch freien Radikalen. Hält man ein Plasma-Gerät über eine offene Wunde am Körper, so strömt das Plasma wie ein Lufthauch über die Wunde und tötet Bakterien im Wundbereich berührungsfrei und schmerzlos ab.

Um ein praxistaugliches Produkt zu entwickeln, wurde 2016 die terraplasma medical gegründet. 2019 erhielt das plasma care® die Marktzulassung. Das handliche und mobil einsetzbare Medizinprodukt wird zur Behandlung von Wunden, vor allem chronischen Wunden verwendet. Eine Behandlung mit kaltem Plasma schädigt kein menschliches Gewebe, reduziert den Einsatz von Antibiotika oder Cortison und verursacht weder allergische Nebenwirkungen noch Schmerzen. Letztlich wird durch die Heilung chronischer Wunden wie dem diabetischen Fuß oder dem offenen Bein die Lebensqualität der Patienten deutlich verbessert, sagt Jens Kirsch, Geschäftsführer von terraplasma medical. Die Geräte können konventionelle Behandlungsmethoden nicht nur ergänzen, sondern zum Teil sogar ablösen, beispielsweise in der Chirurgie, um nach einer Operation Infektionen zu vermeiden.

Um möglichst vielen Patienten helfen zu können und den flächendeckenden Einsatz der plasma care®-Technik in Kliniken und Pflegeeinrichtungen, sowie bei Ärzten und mobilen Pflegediensten in Deutschland, Österreich und der Schweiz voranzutreiben, wird das Produkt künftig exklusiv über die Viromed GmbH vertrieben. Viromed produziert seit über 15 Jahren Entkeimungsgeräte für den professionellen Einsatz in Krankenhäusern und Praxen und verfügt über zahlreiche Geschäftsverbindungen im Gesundheitsbereich, darunter zu mehreren tausend Akutkliniken, Allgemein- und Reha-Krankenhäusern sowie Altenheimen. „Plasma care® hat so das Potential in großem Umfang die Pflege- und Verbandskosten bei chronischen oder mit multiresistenten Erregern belasteten Wunden deutlich zu reduzieren, Liegezeiten von Patienten nach Operationen zu reduzieren und Antibiotika-Resistenzen zu unterbinden“, sagt Gregor Morfill, der die terraplasma medical heute berät.

Die terraplasma medical GmbH wurde gegründet durch die Unternehmen terraplasma GmbH und Dynamify GmbH. Die terraplasma GmbH ist eine Ausgründung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik.

Max-Planck-Innovation, die Technologietransfereinrichtung der Max-Planck-Gesellschaft, begleitet dieses Projekt seit Beginn im Rahmen der Beratung, Sicherung des geistigen Eigentums, der Lizenzierung sowie als Gesellschafter.